Udi Reutter Ausstellungsansicht Galerie kunstmix
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Der Dialog von Farbe und Form


Auf den ersten Blick sind es stille Werke, die Arbeiten von Udo Reutter. Es sind keine Abbildungen vorhanden und nur ein scheinbar monochromer Farbauftrag ist zu sehen. Die Bildträger sind nicht rechteckig und auch nicht in einer anderen geometrischen oder organischen Form gefasst.


Auf den zweiten Blick besitzen die Bilder von Udo Reutter aber eine große räumliche Präsenz und führen gleichzeitig in die Tiefe des Bildraumes. Die bildnerischen Werke von Udo Reutter sind eine Einladung zur Meditation, die durch die Synthese von Farbe, Form und Raum ermöglicht wird.


FARBE

Die Farbe ist der Ort, wo unser Gehirn und das Weltall sich begegnen. Darum erscheint sie den wahren Malern durchaus dramatisch. (1)

Paul Cézanne 1839 –1906


Udo Reutter setzt sich in seinen abstrakten Werken mit der Energie der Farbe als Gegenstand der Malerei auseinander. Es sind keine grellen Farben, die der Künstler auf seine Malgründe aufträgt. Sie besitzen eher eine sanfte Tonigkeit. In seinen Bildern konzentriert er sich zumeist ausschließlich auf einen Farbbereich. Die Farbe wird dabei in vielfältigen Nuancierungen aufgebrochen und in zahlreichen Schichten aufgetragen.


Udo Reutter verwendet überwiegend Untergründe auf Holzbasis, wie Spanplatten oder Sperrholz, auf die er seine Farblasuren übereinanderlegt. Die einzelnen gemalten Flächen werden von ihm mit Sandpapier abgeschliffen, um dann erneut eine weitere Farbschicht anzulegen. Der Auftrag der Farben wird mit Pinseln ausgeführt und mit Sandpapier auf der Fläche weiterbearbeitet.


In der Regel sind es schnell trocknende Acrylfarben, die hierbei zum Einsatz kommen. Spätere Lasuren können aber durchaus auch mal aus Ölfarbe bestehen. Durch das Schichten entsteht ein räumliches Empfinden. Die so entstandenen  monochromen „Farbräume“ wirken aber nicht statisch, sondern besitzen eine vibrierende Energie, die das Eigenleben der Farbe spüren lässt. Wie bei der Technik der Sfumatomalerei entfalten sie eine nebulöse Stimmung, die ein Leuchten aus der Tiefe durchdringt und so eine fast sakrale Wirkung entfaltet.


„Farbe ist ja Lichtträger und Material. In meiner künstlerischen Arbeit versuche ich ein bisschen, dem Material das Licht abzuringen“, sagt Udo Reutter zu seiner Intention.


FORM

Die Farbe ist nicht rechteckig, das kann mir niemand einreden. Farbe ist Bewegung, Farbe ist Leben, das Leben ist farbig. (2) 

Raimer Jochims, geb. 1935, emeritierter Professor und Rektor Städelschule Frankfurt a. M.


Auch bei Udo Reutter war am Anfang die rechteckige Form des Bildträgers vorherrschend und als Material diente Papier oder auf Keilrahmen gespannte Leinwand. Das Verlassen dieses klassischen Bildformates empfindet er als Befreiung, denn die Farbenergie wird nicht wie beim klassisch-rechteckigen Bildformat begrenzt. Der Blick ist nicht beschränkt, sondern bezieht den umgebenden Raum mit ein. Deshalb ist die Bildrichtung  nicht festgelegt und kann je nach Gegebenheit des Raumes und im Zusammenspiel mit anderen Arbeiten geändert werden.


Für Udo Reutter ist eine prozesshafte Arbeitsweise und der Dialog mit dem Material vorherrschend. So wie er Schritt für Schritt die Farbgebung entwickelt, so erschließt sich ihm auch erst während der Tuns die Form des Bildträgers, die er dann  mit einer Stichsäge herausarbeitet. Die Farbe in Form zu bringen und die Form der Farbe anzupassen, ist das von ihm gesetzte Ziel.


Udo Reutter schafft mit seinen Werken Erlebnisräume, die über das Bildformat hinausgehen und die umgebenden Wände und den ganzen Ausstellungsraum mit einbeziehen. Deshalb gibt der Künstler seinen Arbeiten auch keine Bildtitel, die die Betrachtungsweise beeinflussen könnten. In direkter Konfrontation strahlen Reutters Werke für sich und in ihrer Umgebung eine suggestive Kraft ab, die den Betrachter zur Selbsterfahrung führt und so eine zur Kontemplation einladende Ruhe entfaltet.


Martin Koroscha, Bremen 2021


1: http://www.suedwestgalerie.de/kunstlexikon/kuenstler/cezanne-paul#kuenstler

2: https://www.evolve-magazin.de/blog/raimer-jochims/